INTIM... IDENT (en suite)

von 04.12.2001 bis 14.12.2001

Schlafendes Mädchen, 2001
C-Print
 

...zu den Fotoserien von Anja Manfredi Es war einmal, da bemerkte Dan Graham: “... das Private ist öffentlich”, und solchermaßen trifft dies auch auf Anja Manfredi’s Fotoserien zu. Ihr “Privates” beschreibt ihre Eltern (Porträt meiner Eltern), Frauen, Freundinnen und Freunde (Frauen über ihre Sexualität; zuhause) sowie ihre Beziehung zu sich selbst (Vermeer). Immer wieder sind es fotografische Serien, als eine Abfolge von unzähligen Bildern, in welchen sie erst langsam ihrem privatem Universum nachzuspüren versucht. Eigentlich ist damit jede Serie als ein Selbstporträt zu verstehen. Allerdings gestaltet Anja Manfredi “das Porträt ihrer selbst” nicht als Bestandsaufnahme selbstreflexiver Fakten, sondern das Einzelbild ist pars pro toto Baustein einer subjektiven Untersuchung.

Anja Manfredi “befragt” sich selbst: Wer bin ich? Was ist das was ich bin? Was ist mein Geschlecht? Was umgibt mich? Was ist Identität? All diese Fragen werden zum fotografischen Untersuchungsgegenstand. Sie zerlegt ein bestimmtes Phänomen in ein fotografisches Einzelbild, und setzt dieses anschließend in einer Serie wieder zusammen. Daraus ergibt sich ein Porträt des von ihr untersuchten Gegenstandes. Eigentlich könnte man mit Lacan sprechen, dass das Subjekt “Anja Manfredi” sich in der Serie der Fotografien wiederspiegelt. Laut Lacan ist das Spiegelstadium für das Kind identitätsstiftend. So auch für die Künstlerin, denn mit jeder Serie entwirft die Künstlerin ein Stück Porträt, ein Stück Identität. Dabei scheint sie einem dem Strukturalismus verpflichtetem Konzept zu folgen, demnach Subjektivität als Produkt der Zusammenwirkung gesellschaftlicher Kräfte zu fassen wäre.

Das Subjekt ist nicht ein durch Biologie determiniertes, sondern Produkt seines gesellschaftlichen Umfeldes. Anja Manfredi porträtiert gesellschaftliche Strukturen, um diesem Produkt das sie selbst darstellt, auf die Spur zu kommen. Ein sich daraus ergebendes narzisstisches Selbstporträt zwingt den Betrachter in die Rolle eines Voyeurs. Wie ein Fenster zum Hof eröffnen sich Einblicke in die Wohnungen unbekannter Menschen, unbekannter Eltern und Frauen, von denen man weiß dass sie über ihre Sexualität sprechen. Die Fotoserien wirken aufgrund dieses Moments anziehend, weil intim. Das Private wird öffentlich und man darf es betrachten. Barbara Horvath